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Review: Probearbeiten

Würde ich die vergangene Woche mit Worten beschreiben müssen, dann würde dies wie folgt aussehen:

 

Organisation. Ruhelosigkeit. Stress. Zugfahrten. Authentizität. Euphorie. Arbeit. Schreiben. Fokus. Veränderung.

 

Es ist auch heute, ein Tag nach dieser Woche, noch immer sehr schwer, die gesammelten Eindrücke zu verarbeiten oder in Worte zu fassen.

Ich werde wohl damit anfangen, den einzelnen Tagen eine kleine Zusammenfassung zu entlocken und dann auf mein Gefühl eingehen.

Ich denke, es ist wichtig, vor allem hierbei zu trennen. Ich werde die Aufgaben aufzählen, diese aber erst am Ende auswerten.

Das ist ein wenig leichter.

 

Erstmal etwas zum Unternehmen und den Job selbst: Es handelt sich um eine (verkürzte) Abiturausbildung im Bereich Marketing bei einem großen IT-Unternehmen. Das Unternehmen selbst befindet sich ca. 25km, von meinem aktuellen Wohnort entfernt, weshalb pendeln zum Alltag wird. Sollte es in Zukunft so sein, muss ich mir etwas einfallen lassen, da mir 1,5h Zug- und Bahnfahrt tatsächlich ein wenig zu lang sind, wenn sich’s um lediglich 25km Autofahrt handelt.

 

Das Unternehmen ist ein renommierter Anbieter für Webhosting, Serververmietung, Domainkauf, Reseller-Nutzung, etc. Die betriebsinternen Angebote sind „wow“. Ein Fitnessraum, eine wöchentliche Physiotherapie, die zu 50% vom Chef übernommen wird, Fahrtkostenpauschale, Möglichkeit zur Gleitzeit, eine Sauna, ein Kampfsportraum und fast kostenlose Getränke (ein sehr großer Kaffee für 0,8ct). Das klingt doch schon mal verlockend! 

Jetzt aber zur Wochenübersicht!

 

Montag:

Der Wecker hat um halb sechs geklingelt. Im Vergleich zu meinem Studium war das erstmal der blanke Horror. Da ich aber ein Mensch bin, der sich schnell und gut an solche Veränderungen gewöhnt: easy. Die nächsten Morgen gingen dadurch recht locker und geplant. Der einzige Nachteil am Montag: Ich war 45min zu früh und stand mit dünner Jacke in der Eiseskälte.

Als dann regulär der Arbeitstag begann, habe ich eine Betriebsführung und das Du angeboten bekommen. Beides habe ich dankend angenommen und durfte mich dann direkt in die Arbeit stürzen: Sollte aus einer Unternehmensübersicht die USP (Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens auf dem Markt) heraussuchen und vorstellen. Danach habe ich eine Umfrage bekommen, die ich ausfüllen musste (Internet, Datenschutz, Soziale Medien und Co.). Danach habe ich Aufnahmen vom Betriebsauto gesichtet, für das ein Slogan entwickelt werden sollte. Das war so die Wochenaufgabe für mich. Gehen durfte ich dann um 13:30Uhr, daheim war ich um halb vier.

 

Dienstag:

Gleicher Anreisespaß, jedoch eine Stunde später, da ich einen anderen Zug nahm; 45min. Kälte fand ich dann doch nicht so überragend. Meine Aufgaben für diesen Tag waren eine juristische Recherche zum Marken- und Urheberschutz, die Bearbeitung der ausgefüllten Umfrage mit einer Kollegin und eine Überarbeitung der Nutzungsregelungen für eine betriebsinterne Software. Am Ende des Tages habe ich die mir aufgetragenen Aufgaben fertiggestellt und präsentiert und den Auftrag bekommen, einen eigenen Blogartikel schreiben zu dürfen. Dazu habe ich die Aufgaben der nächsten Tage bekommen: Eine Recherche für Betriebsawards, die Vorbereitung eines Meetings für die Marketingabteilung, die Erstellung eines Flyers, Ideenfindung für Website-Verbesserungen und Dreharbeiten und das Abschlussgespräch.

 

Mittwoch:

Gleicher Start, anderer Tagesablauf. Ich habe meinen Blogartikel für den Unternehmensblog geschrieben und war dann nach ca. 1,5h fertig, habe diesen abgegeben und wurde mit sichtlich sprachlosen Blicken und den Worten: „Was? Du bist schon fertig?!“ empfangen. Danach stand das Meeting an und am Ende des Arbeitstages habe ich die fünf-seitige Recherche für mögliche Awards abgegeben.

 

Donnerstag:

Der für mich „schlimmste“ Tag, da ich ohne Bildbearbeitungsprogramme (weder Adobe Photoshop noch Gimp und nicht mal Paint) und mit Libre Office Writer (ich nutze sonst fast ausschließlich Word) einen Flyer erstellen sollte. Das ist eigentlich nicht sonderlich dramatisch, aber sowohl Software und Hardware haben mir die Arbeit erschwert. Am Ende konnte ich dennoch ein solides Ergebnis abliefern. Aber nicht ohne, dass ich mindestens 80% meiner Nerven verlor.

 

Freitag:

Am letzten Arbeitstag stand dann die Blog-Veröffentlichung, die Ideenfindung für Websiteverbesserungen und die Dreharbeiten auf dem Programm. Dreharbeiten, da das Unternehmen zur Werbung Kurzfilme einsetzen möchte und dafür Schauspieler gecastet hat.

So viel erst einmal zu der Aufgabenverteilung und der Arbeit unter der Woche an sich.

Das Gespräch am Freitag

 

Es gab, wie bereits kurz angeschnitten, ein Gespräch mit der PR- und Marketingleiterin, die meine Ausbildung übernehmen würde. Vor diesem Gespräch hatte ich, um ehrlich zu sein, Respekt und vielleicht auch ein Fünkchen Angst.

Eingeleitet hat sie das Gespräch mit der typischen Frage: „Und? Wie hat’s dir gefallen?“ Sehr, sehr gut. Das und einige Anekdoten waren meine Antwort. Dann hat sie das Gesprächsruder übernommen und mir gesagt, dass sie mich für mein Alter sehr reif und erwachsen sieht, dass ich zielstrebig, konzentriert und verantwortungsbewusst bin. Ihr gefällt meine offene, selbstbewusste, kreative, zielstrebige und kluge Art. Auch meine schnelle Auffassung und das ehrgeizige und zügige Arbeiten sind sehr positiv aufgefallen. Alle Aufgaben habe ich sehr gut und sehr zufriedenstellend präsentiert und bearbeitet und sie würde manche Dokumente gern als Vorlage für Meetings und Veränderungen nutzen.

 

Nach diesem Haufen an Lob und keinem einzigen Kritikpunkt sagte sie dann, dass sie für die kommende Woche einen weiteren Praktikanten eingeladen haben. Das war natürlich mein ganz persönlicher Dämpfer. Nach diesem Satz hat sie dann über die Ausbildungskonditionen gesprochen und mir gesagt, ich könne sowohl die Ausbildung verkürzen als auch vor Ausbildungsbeginn in den Betrieb mit „einsteigen“. Nach dieser Erläuterung kamen wir auf das momentane Studium zu sprechen und sie sagte, es sei eine große Entscheidung und Investition, einen Auszubildenden einzustellen. Im Anbetracht der Entfernung zu meiner Heimat und die Tatsache, dass ich eigentlich zur Polizei wollte, hat sie mir dann gesagt, es sei natürlich auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit; nicht, dass ich „nach ein paar Jahren einfach aus dem Berufsbild verschwinde“.

 

Dieser Punkt war für mich persönlich der kritischste Punkt der gesamten Woche. Ich muss außerdem zugeben, dass ich noch immer einen erhöhten Puls habe, wenn ich über diese Situation nachdenke. Ich finde es, um ehrlich zu sein, wahnsinnig schade und beschämend, dass es noch immer fest verankert ist, dass ein Mensch eine einzige Interessensrichtung besitzen kann.

Das Gesprächsthema kam bereits im Vorstellungsgespräch auf, weshalb ich dort schon sagte, dass Jura die Alternative zur Polizei war und Wirtschaft und vor allem Marketing immer danebenstand und nicht hinter der Polizei. Nun ja, ich habe darauf meinen Standpunkt geäußert und (hoffentlich) deutlich klargestellt, dass ein Mensch auch mehrere Interessensfelder besitzen kann. Nicht umsonst habe ich die Woche so gearbeitet und meine Talente gezeigt.

 

Mein Gefühl zur Woche

 

Jetzt, einen Tag später bin ich noch immer ein wenig mitgenommen und aufgewühlt. Nicht, weil die Woche anstrengend war oder ich hart gearbeitet habe, sondern viel mehr, da es für meinen Charakter eine Herausforderung war, dieses Unternehmen und die Menschen mit Offenheit zu begegnen. Ich habe von Anfang an die Angst gehabt, enttäuscht zu werden und „viel zu offen“ zur Arbeit zu gehen. Leider muss ich nach dem gestrigen Gespräch sagen, dass sich die Angst in einem Teil bestätigt hat. Ich verstehe nach wie vor nicht, wie man denken kann, dass ein berufliches Leben aus lediglich einem Interesse besteht und ich kann nicht nachvollziehen, wie man, wenn man nichts zu kritisieren hat, immer wieder bereits geklärte Themen aufsucht und diese dann zerlegt, um irgendeinen Kritikpunkt zu besitzen. Tatsächlich war das und die verworrene Tatsache zwischen Lob und „Dämpfer“ ein Grund, weshalb ich so zwiegespalten bin und auch die Woche leider auch negativ im Gedächtnis sitzen habe.

 

Das Unternehmen, die Kollegen und die Arbeiten waren wirklich toll. Mir gefallen die Stadt und das Umfeld.

Und dennoch bin ich ein wenig gedämpft. Und ich denke, dass diese Dämpfung auch noch ein wenig bleibt. Ich kann einen entscheidenden Anruf nach der kommenden Woche erwarten und bleibe bis dahin gespannt.